Episoden zu Karl Markel
Aus Amerika kommend, schwappt diese junge Sportart um 1905/06 auf Europa über.
Zunächst wird England vom Fieber befallen, dann findet sie in Deutschland ihre Fans. Kunstbahnen werden angelegt und Berlin, Hamburg, Königsberg, Hannover, Halle sowie Breslau verfügen schon bald über eigene Rollschuhhallen.
Der GAK-Tausendsassa und „bekannte Sportsmann“ Karl Markel führte diesen Sport im Sommer 1909 in Graz ein.
Als ausgezeichneter Schlittschuhläufer zeigte er einer illustren Runde seine Kunststücke vor. Das neu asphaltierte Stück vor dem Kaiserhof (Herrengasse) bot sich für die Premiere in Graz schließlich förmlich an.
Laut Zeitungsmeldungen alarmierte ein "Asphaltwächter" die Polizei. Der sportaffine Polizist zeigte sich jedoch überaus begeistert und ließ sich sogar das "Instrument" zeigen und erklären.
Markel musste aber nach etwa 1 Stunde seine Vorführung abbrechen, da erst ein Schraube am Schuh zu Bruch ging und sich bald darauf ein Rad verbog.
Allerdings war damit in Graz der Grundstein einer rasanten Entwicklung gelegt.
Schnell gründete sich auch ein Rollschuhverein, der dann auf permanenter Suche nach geeigneten Straßenstücken war. Als Vorbild in diesen Jahren galt der holländische Badeort Scheveningen (Nähe
Den Haag), der sogar eigene Wege dafür asphaltieren ließ.
Aber Not macht bekanntlich erfinderisch, daher wurde mangels Trainingsmöglichkeiten in Graz einfach der große Saal der Gastwirtschaft „Zum grünen Anger“ (Glacistraße 45a, ehemalige Brauerei, es
gibt dort auch eine Gedenktafel) angemietet, um hier Trainingsrunden ziehen zu können. Wahrscheinlich so eine Art von Mini-Short Track.
In den nun folgenden Jahren feierten Grazer Rollschuhläufer einige großartige Siege bei diversen Wettkämpfen.
Im Frühjahr 1910 reagierte auch der Grazer Stadtrat. Über Antrag des Grazer Rollschuhvereines erlaubte man nun offiziell, dass die Mitglieder dieses Vereines die Fahrbahn der Kaiserfeldgasse und des damaligen Karl-Ludwig-Ringes (Opernring) benutzen durften. Allerdings musste eine amtlich bestätigte „Legitimationskarte“, die gleichzeitig auch als Fahrtüchtigkeitsbeleg diente, mitgeführt werden.
Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1901, führte die Witwe das Ankündigungsunternehmen Markel in Alleinverantwortung weiter. Nach dem 1. Weltkrieg stieg auch Karl
Markel in das Unternehmen ein.
Bisher war es nicht klar, wieso Markel „gezwungen“ war das Unternehmen Mitte der 1920er-Jahre zu verkaufen.
Die Protokolle der damaligen Gemeinderatssitzungen klären auch dieses Mysterium:
1920 gab es im Grazer Gemeinderat eine lebhafte Diskussion über die Gründung einer „Städtischen Plakatierungsanstalt“ (Anm.: der heutige Ankünder). Grund dafür war eine Hausdurchsuchung bei der
Firma Markel. Es wurden dabei Wahlplakate in großen Mengen aufgefunden, die laut Sitzungsprotokoll nicht „vertragsgemäß angeschlagen wurden“.
Außerdem wurden an die 400 Kilogramm Wahlplakate an einen Altpapiersammler verkauft.
Als Resultat dieser Aktion wurde seitens des Grazer Gemeinderates die Gründung einer eigenen Plakatierungsanstalt angedacht und in in späterer Folge auch umgesetzt.
Ohne Zweifel war Karl Markel nicht der ideale Geschäftsmann, denn zu sehr galt sein Interesse dem Sport. Unterwegs im In- und Ausland litt die Führung des Unternehmens.
Im Februar 1913 blieb Markel bei der Bobmeisterschaft von Österreich siegreich. Ein alter Hut werden sich jetzt manche denken. Was bis jetzt aber unbekannt war, sind die Details dazu.
Im Bild "durchfährt" er gerade die Zeitnehmung bei diesem Berwerb.
In zwei Läufen wurde die Meisterschaft entschieden. Üblicherweise wurden so Zeiten um die 2:15 Minuten gefahren. Im ersten Lauf „vernichtete“ Markel mit dem
GAK-Bob „Gigi“ gleichsam die Konkurrenz. Mit unglaublichen 2:09,2 min. nahm er dem zweitplatzierten Bob (Stanger, ebenfalls GAK) gleich sieben Sekunden ab. Im 2. Lauf legte Markel einen Sicherheitslauf hin und siegte trotzdem wieder.
Markel (Mannschaft: Thalmann, Schuster, Wiesner, Smutny) siegte vor Graf Harnoncourt. Stanger belegt den 4. Gesamtplatz.
Wie hier schon mehrmals angefpührt, war Karl Markel in den Jahren um 1910 ein national und international überaus erfolgreicher Rodler und Bobfahrer. Auf Fotos der damaligen Zeit ist er zumeist mit einer eigentümlichen Haube, einer so genannten "Neapolitaner Zipfelhaube" zu sehen. Das Foto zeigt Karl Markel (rechts) und Dr. Frits Zsak.
Markel führte diese Haube in den Rodelsport ein, so schrieb sein Vereinskollege Dr. Fritz Zsak in einem Zeitungsartikel einige Jahre später.
Markel und Zsak saßen in der Wohnung von Zsàk (Brockmanngasse 83) um einen Wettkampfplan für die kommende Rodelsaison aufzustellen, als Zsak zufällig zwei bunte Neapolitaner Zipfelhauben seiner beiden Kinder in Händen hielt.
Sofort erkannte Markel die beiden bunten (rot und blau) Hauben als "zünftige Kopfbedeckung“ für Rodelrennen.
Beim ersten Rennen am Präbichl wurden Zsak und Markel für ihre Hauben noch belächelt.
Als Markel mit seiner Rennhaube von Sieg zu Sieg eilte und auch die Damenwelt sich dafür begeisterte, da waren plötzlich die männlichen Konkurrenten im Zugzwang.
Im darauf folgenden Jahr gehörten die gekringelten Neapolitaner dann zur Standardausrüstung der Rodler im gesamten deutschsprachigen Raum.
GAK-Gründungsmitglied Karl Markel und seine Mutter Anna waren in Graz so um 1905 als große Hundefreunde bekannt. Täglich führte Anna Markel einen Hund auch
„Gassi“ und immer vorschriftsgemäß mit Maulkorb. Ein Arbeiter des familieneigenen Plakatierungsunternehmens in der Klosterwiesgasse 7 hatte den Auftrag, dem Hund den Maulkorb stets
anzulegen.
Im Herbst 1907 kam es dann zu einer verhängnisvollen Szene. Der Hund hatte den Maulkorb noch nicht an, aber Frau Markel stand schon bei offener Tür auf der Gasse. Der Hund tobte
hinaus und verbiss sich sofort im Gesicht einer zufällig vorbeigehenden Passantin. Fräulein von Kurz wurde am linken Auge schwer verletzt und das Gesicht dementsprechend entstellt.
Der Rechtsanwalt der Geschädigten begehrte eine monatliche Rente von 120 Kronen, da seine Mandantin durch die Verletzung berufsunfähig sei. Der Richter verurteilte Frau Markel zu
100 Kronen und verwies die Entschädigungsansprüche auf den Zivilrechtsweg.
Samstag, 7.1 1911
(Foto aus dem Jahr 1914 vom Semmering: Sieger Karl Markel rechts im Bild und der zweitplatzierte Innsbrucker Wieser)
Karl Markel(!) und Dr. Fritz Zsak starteten für den GAK am 6. Jänner bei den Bayrischen Rodelmeisterschaften
Im Einsitzer (29 Teilnehmer) kamen beide zu Sturz und somit nicht ins Ziel. Bei den Doppelsitzern waren 5 Paare am Start. Die beiden Grazer errangen mit 2:12 Minuten den 1. Platz. Streckenlänge
1,2 km.
Sonntag, 15.1.1911
130 Rodler waren bei den Rodelmeisterschaften von Böhmen am Start. Darunter auch die Markel und Zsak. Vor 6.000 Zusehern siegte Karl Markel mit 2:45 Minuten. Zsàk belegte den 6. Platz mit
3:14.
Kurios endete für die beiden Rodler die Salzburger Meisterschaft im Februar 1911
Die Strecke in St. Johann im Pongau wurde grundsätzlich als nicht allzu schwer eingestuft. Allerdings warteten 2 Schwierigkeiten auf die 20 Teilnehmer. Zunächst eine kleine Gegensteigung, danach
eine schwierige und unübersichtliche Einfahrt in den Steilhang. Außergewöhnlich für damalige Verhältnisse war die Startzeit, nämlich 18 Uhr.
Um die etwa 700 Meter lange Strecke zumindest etwas zu beleuchten, wurden 100 Glühbirnen und 5 Bogenlampen eingesetzt.
Vor allem die Einfahrt in den Steilhang stellte anscheinend für die Teilnehmer das Kriterium schlechthin dar.
Die beiden routinierten Grazer schienen da sehr kreativ zu sein, denn um im Doppelsitzerbewerb die optimale Linie fahren zu können, markierten sie die Einfahrt in den Steilhang mit einem Marterl,
um dann genau daran in Bewerb zu straucheln. Nach einem durch die Berührung mit dem Marterl verursachten 20 Meter Hupfer mit anschließender Brezn reichte es gerade noch für den 2. Platz. Unser
ORF-Hansi (Knauss) würde nüchtern beurteilen, dass sie nicht genug in die Linie investiert haben.
Im Einzelsitzer belegte Markel den 2. Platz, Zsàk den 4. Sieger im Hauptbewerb wurde der - ebenfalls für den GAK startende - Franz Smutny.
Der Sieg im Gruppenbewerb ging an den GAK.
Der große Favorit, der Mödlinger K. Langer nahm am Bewerb nicht teil. Der Grund?
Er fuhr irrtümlicherweise nach St. Johann in Tirol anstatt nach St. Johann im Pongau!
Ein ganz anderes Problem mit dem Rodeln hatte im Jänner 1911 der Ortspfarrer des hessischen Ortes Hadamar. Er bezeichnete das Rodeln als unsittlich. Von der Kanzel herab geißelte er das Rodeln
als „in Wahrheit gegen Anstand und Sitte verstoßend und Ärgernis erregend. Dadurch, dass bei Männlein und Weiblein auf einem Schlitten auch die Sinnlichkeit gereizt werde“.